(Ebook) Rammsteins „Deutschland“ Pop – Politik – Provokation by Kerstin Wilhelms; weitere Autoren ISBN 9783662647660, 9783662647653, 3662647664, 3662647656

(Ebook) Rammsteins „Deutschland“ Pop – Politik – Provokation by Kerstin Wilhelms; weitere Autoren ISBN 9783662647660, 9783662647653, 3662647664, 3662647656

Germania als Gangsterbraut, SS-Offizierin, Heilige, im Kettenhemd, im Politbüro der DDR und als schwertschwingende Monarchin – die Bandmitglieder als KZ-Häftlinge und NS-Soldaten, als RAF-Terrorist:innen und als SED-Funktionäre. Das Video zu Rammsteins Deutschland (2018) bietet einen spektakulären Ritt durch die deutsche Geschichte, völlig frei von zeitlichen Zusammenhängen, narrativen Verknüpfungen oder wenigstens assoziativen Verbindungen. Das Spektakel teils grausam-blutiger, teils erotisierter Bilder hinterlässt zunächst keine politische Botschaft, nicht einmal ein Statement dazu, was Deutschland ist oder ausmacht. Doch das Medienecho ist groß: Empörung! Skandal! Geschicktes Marketing? Oder schlummert hier doch eine politische Positionierung? Wir wollen uns in diesem Band auf die abenteuerliche Reise durch Rammsteins Deutschland machen und dabei nicht nur die vielen Anspielungen aufdröseln, sondern uns fragen, was das eigentlich alles soll. Politisch, so unsere Intuition, ist das nämlich irgendwie schon – aber wie? Eines ist klar: Rammstein provozieren. Neben zahlreichen, oft hochgradig sexualisierten Provokationen spielt die Band in ihren Songs und Musikvideos regelmäßig sowohl mit Doppeldeutigkeiten rund um die deutsche Geschichte als auch mit deutschen Nationalmythen. Sie greift dabei – ziemlich skandalträchtig – Inszenierungsstrategien auf, die augenscheinlich an die (alte und neue) Rechte anschließen: Für das Musikvideo von Stripped (1998) nutzt sie beispielsweise Szenen aus Filmen von Leni Riefenstahl und platziert damit NS-Propaganda-Ästhetik in einem Pop-Kontext (vgl. Baßler 2005). Auch in Textzeilen wie „Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr“ in ihrem Song Pussy (2009) wird – nicht weniger skandalös  – ein Bezug zwischen deutscher (NS-)Geschichte und sexuellen Handlungen hergestellt. Immer wieder bedient sich die Band in ihren Videos und Texten des politischen Archivs und testet so die Grenzen des Sag- und Singbaren im deutschen Musikgeschäft.